Aachener Zeitung v. 16.10.2020 – Karl Stüber
Bürgermeister Dr. Willi Linkens geht in den Ruhestand, bleibt aber den Menschen eng verbunden
Eine Ära geht zum Monatswechsel zu Ende. Nach insgesamt über 35 Jahren Amtszeit erst als Stadtdirektor und dann als hauptamtlicher Bürgermeister von Baesweiler geht Dr. Willi Linkens (CDU) in den Ruhestand. Die geplante Abschlussfeier musste mit Blick auf die Entwicklung der Corona-Pandemie leider ausfallen. Ein Grund mehr, mit Linkens zum Abschied zu sprechen. Die Fragen stellte Karl Stüber.
Bei der jüngsten Ratssitzung merkte man Ihnen etwas Wehmut an. Sie würden die Mitglieder des Stadtrats vermissen, sagten Sie. Gewähren Sie uns bitte einen Einblick in Ihr Gefühlsleben.
Dr. Willi Linkens: Wenn man eine verantwortungsvolle Aufgabe für seine Heimatstadt über dreieinhalb Jahrzehnte mit engem Kontakt zu den Mitarbeitern, dem Rat und zu den Bürgerinnen und Bürgern wahrgenommen hat, ist es wohl nachvollziehbar, dass der Abschied nicht leicht fällt und Wehmut aufkommt. Mein Freund Herbert Geller hat einmal meine Identifikation mit den Aufgaben der Stadt so beschrieben: Du dehs als wörr et van dich. Also: Du verhältst dich so, als sei es dein privates Unternehmen. Für diese Zeit bin ich sehr dankbar, sie war geprägt von einer unvorstellbaren Abwechslung, wahnsinnig vielen und nicht vorhersehbaren Herausforderungen, vielen Problemen, Sorgen und schlaflosen Nächten – nur nicht von Langeweile! Es war mein Traumberuf: Juristerei, Politik, Verantwortung, Kreativität, Bürgernähe und Teamgeist, vor allem aber auch Identifizierung mit meiner Heimatstadt.
Was werden Sie am meisten vermissen, was am wenigsten?
Linkens: Natürlich wird mir das sehr vertrauensvolle Miteinander mit meinen Kolleginnen und Kollegen im Rathaus fehlen. Auch werde ich den sehr engen Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern vermissen. Ich werde es nicht vermissen, auch abends und am Wochenende nicht abschalten zu können und immer nur über die anstehenden, oft schwierigen Aufgaben nachzudenken.
Sie haben zwei Wahlzeiten als Stadtdirektor und vier Wahlzeiten als hauptamtlicher Bürgermeister für Baesweiler gearbeitet. Worauf sind sie besonders stolz? Was haben Sie leider nicht schaffen können?
Linkens: Es ist nicht möglich, mit nur einem Beispiel zu antworten. Besonders stolz bin ich über die Bürgernähe, die ich leben durfte, über 4000 neue Arbeitsplätze, über tolle neue Wohngebiete und auf die Identifikation vieler Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Stadt. Was ich leider nicht habe schaffen können: Ich hätte gerne viele auf den Weg gebrachte Maßnahmen noch zum Abschluss gebracht, aber wenn, wie bei „Bürgermitte Baesweiler“, also der Baumaßnahme Rathaus, die Finanzierung über eine hohe Förderung des Landes und Bundes gesichert ist, ist der Weg ja gut vorbereitet. Nicht geschafft habe ich es, eine bessere Finanzierung unserer Stadt durch Land und Bund zu erreichen.
Was war Ihr größter Fehler als Bürgermeister und bei welcher Gelegenheit in Ihrer Amtsführung hatten Sie echt Glück gehabt?
Linkens: Ehrlich gesagt: Mir fällt kein großer Fehler ein, den ich als Bürgermeister gemacht habe. Natürlich kommt es zu Fehlern. Zum Glück hatte ich dann noch Gelegenheit, sie auszumerzen. Hier gilt der Grundsatz: Probleme löst man, indem man ihrer Entstehung zuvorkommt. Oft habe ich sicherlich bei meiner Amtsführung Glück gehabt, so zum Beispiel, dass unsere Stadt von großen Krisen und Katastrophen verschont geblieben ist. Glück hatte ich auch, stets ein tolles Team in der Verwaltung und im Rat gehabt zu haben. Besonders aber habe ich Glück, meine Ehefrau und meine Familie zu haben, die mich in unvorstellbar vielen Fällen gestützt und getragen haben.
Besonderen Wert haben Sie immer auf einen ausgeglichenen Haushalt und das konsequente Ausschöpfen von Fördertöpfen gelegt. Haben Sie dies und mehr Ihrem Nachfolger Pierre Froesch ans Herz gelegt?
Linkens: Ja, das Ausschöpfen von Fördertöpfen war mir sehr wichtig, weil dadurch die Finanzen der Stadt geschont wurden. Eine ausgeglichene Haushaltslage ermöglicht die Handlungsfähigkeit für wichtige Maßnahmen. Ich bin sicher, dass mein Nachfolger auch ohne deutliche Hinweise diese Eckpunkte für die kommunale Handlungsfähigkeit berücksichtigt.
Sie hätten als Jurist und Richter weiter Karriere machen können…
Linkens: Als im Frühjahr 1985 das Amt des Stadtdirektors in Baesweiler frei wurde, war es für mich die ideale Lösung. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass ich damals lange mit meiner Frau, aber auch mit meinen eher konservativen Eltern darüber diskutiert habe, ob ich mich bewerben sollte. Meine Eltern waren strikt dagegen, weil ich doch die Lebzeit-Stelle als Richter aufgeben musste und mich auf den „politischen Schleudersitz“ begab. Vorher hatte schon mein Patenonkel Willi Jansen, der Kämmerer der Stadt Baesweiler war und die Zeit von Alfred Bauer noch erlebt hatte, gewarnt, ich solle mich nicht an der Politik aufhalten. Meine Entscheidung war richtig, ich habe sie nie bereut. Das Schöne an der Aufgabe des Bürgermeisters ist das Gestalten, die Stadt positiv entwickeln zu können und Initiativen zu ergreifen. Neben diesen Aufgaben bestand die Möglichkeit, auch als Lehrbeauftragter an der RWTH Aachen zu lehren.
Waren für Sie Landtag oder Bundestag nicht verlockend? Und da war auch noch die Sache mit dem Wahlamt des Städteregionsrats.
Linkens: Sicherlich ist die Aufgabe als Bundestagsabgeordneter interessant, ich glaube aber, dass man mit dem intensiven Kontakt zu Bürgerinnen und Bürgern in der Heimatstadt viel mehr bewirken kann als von montags bis freitags in Berlin an unzähligen Sitzungen teilnehmen zu müssen. Als Bürgermeister ist es schön, sich nach einem anstrengenden Tag abends zu fragen, was man für die Stadt an diesem Tag bewirken konnte. Die Aufgabe des Städteregionsrates wäre sicherlich auch interessant gewesen. Meine Entscheidung in Baesweiler zu bleiben, habe ich aber nicht im Geringsten bereut.
Wird man Sie nach Ende der Corona-Pandemie regelmäßig als Gast von Veranstaltungen in Baesweiler sehen oder machen Sie sich rar?
Linkens: Natürlich wird man mich auch weiterhin in Baesweiler bei Veranstaltungen sehen. Ich glaube, dass meine Frau und ich so kontaktfreudig sind, dass wir auch weiterhin viele Begegnungen suchen werden.
Anlässlich Ihrer der Corona-Pandemie zum Opfer gefallenen offiziellen Verabschiedung als Bürgermeister der Stadt Baesweiler sollte das Pianisten-Duo Florian Koltun und Xin Wang spielen. Bislang sah man Sie in der Regel bei Auftritten von Blaskapellen. Offenbart sich damit eine neue musische Seite an Ihnen?
Linkens: Sie scheinen mich ja noch nicht so gut zu kennen. Natürlich besuche ich sehr gerne mit meiner Frau die drei in Baesweiler erfolgreichen Blaskapellen, insbesondere weil sie eine hervorragende Jugendarbeit betreiben. Ich glaube aber auch in anderen kulturellen Bereichen interessiert zu sein, wenngleich bisher häufiger die Zeit fehlte. Im Übrigen hätte ich mich auf das Pianisten-Duo sehr gefreut, zumal Florian Koltun ein begnadeter Musiker aus unserer Stadt ist.
Fasst man ihre Hobbys zusammen, so müssten Sie im Ruhestand mit ihren Enkelkindern im geliebten heimischen Garten im Trikot von Bayern München Fußball spielen und mit dem Fahrrad öfter auch entfernter liegende Reiseziele ansteuern. Was haben Sie vor?
Linkens: Es wird sicherlich viele Möglichkeiten geben, mich um meine vier Enkel zu kümmern. Darauf freue ich mich sehr. Natürlich genieße ich es auch mit dem Fahrrad kleinere und größere Radtouren zurückzulegen. Besonders freue ich mich aber, dass unser tolles Freizeitbad schon morgens um 6 Uhr geöffnet hat. Im Übrigen werde ich auch weiterhin als Prüfer der Juristen im 2. Staatsexamen für das Justizministerium tätig sein. Auch bin ich sicher, dass ich nicht gelangweilt zu Hause rumsitzen werde.
Gibt es noch etwas Spezielles, was Sie den Baesweilern sagen wollen?
Linkens: Bei der Verabschiedung gäbe es noch vieles, was ich den Baesweiler Bürgerinnen und Bürgern sagen will. Die Verantwortlichen der Stadt hatten beabsichtigt, Vertreter aller Vereine zu meiner Verabschiedung einzuladen, die nun coronabedingt nicht stattfinden konnte. Dies bedauere ich sehr. Es fällt mir schwer, nicht in direkter Begegnung „Auf Wiedersehen“ sagen zu können. Deshalb habe ich unseren Vereinen in einem Brief meinen Dank und die besten Wünsche für ihr ehrenamtliches Engagement ausgedrückt. Wichtig ist mir, allen Bürgerinnen und Bürgern für das freundschaftliche, angenehme Miteinander zu danken und zu hoffen, dass man sich noch sehr oft in Zukunft sieht.